Schreibcoaching: Hütet euch vor überteuerten Feel-well-Kuschelkursen!
Wer einen guten Musiklehrer sucht, sollte misstrauisch werden, wenn dieser nicht weiß, was ein Akkord ist. Und wer einen guten Schreibcoach sucht, sollte misstrauisch werden, wenn dessen Texte dutzendweise Zeichensetzungsfehler enthalten. Solche Schwächen sind in der Alltagskommunikation verzeihbar. Aber im Bereich des Schreibcoachings ein deutlicher Hinweis auf einen Blender, der Tipps gibt, obwohl er selbst noch lernen müsste! Doch zahlreichen Coaches geht es nur ums leicht verdiente Geld: Sie kopieren ein paar allgemeine Schreibweisheiten aus dem Netz und garnieren diese mit Worthülsen, die gezielt die Hoffnungen von Nachwuchsautoren anregen. Dann wird vollmundig versprochen, dass das Verfassen eines erfolgreichen Romans eine Leichtigkeit sei, man müsse nur ein paar Schreib- und Marketingtipps befolgen. Und diese Tipps bieten jene Coaches dann zu Wucherpreisen an, die jenseits von Gut und Böse sind!
Kurz zum Hintergrund dieses Artikels: Als Lektor, Blogger und Vielleser treibe ich mich oft in Social-Media-Gruppen und Foren herum, die sich mit Literatur und dem Schreibhandwerk beschäftigen. Und natürlich werden mir dann auch thematisch passende Werbeanzeigen ausgespielt: gestern unter anderem mehrere Anzeigen für ein „professionelles Schreibcoaching“ und für das neue Buch zweier selbsternannter Schreibcoaches. Dazu sei gesagt, dass ich der Idee des Schreibcoaching nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe. Denn gerade Schreibanfänger können von professionellem Feedback durchaus profitieren. Doch dann las ich mir die Anzeige genauer durch. Da ich mich ungern mit aufgebrachten Followern und Anwälten herumprügeln möchte (auch wenn das endlich etwas Traffic auf meinen Blog bringen würde), werde ich sie hier nicht wortwörtlich zitieren, aber sie sah ungefähr so aus:
„Sie wollten schon seit jeher ihren Traum vom eigenen Buch verwirklichen?
Aber Sie hatten bisher Zweifel ob sie gut genug schreiben und ob ihre Idee etwas taugt?
Unser Schreibratgeber richtet sich an all jene, die nicht diverse Ratgeber studieren sondern genau wissen wollen, was sie tun müssen um endlich mit Leichtigkeit ein erfolgreiches Buch zu schreiben und zu vermarkten.“
Ich habe mich beim Aufbau nicht nur am Inhalt orientiert, sondern auch an Stil und Zeichensetzung. Was genau störte mich nun an dieser Anzeige? Sie enthielt massig Zeichensetzungs- und Rechtschreibfehler! (Wer sich selbst testen will: In meinem Beispiel ist die Anrede mal groß-, dann wieder kleingeschrieben. Außerdem fehlen mehrere Kommas.) Ich bemühte mich, nicht vorschnell zu urteilen, und rief mir ins Bewusstsein: „Werbeanzeigen werden oft von externen Agenturen geschrieben. Schau dir erst die Website dieser Schreibcoaches an, bevor du über sie richtest!“
Gesagt, getan! Ich besuchte also die Website dieser Schreibcoaches. Der große Twist: Auch die enthielt massig Zeichensetzungsfehler. Keine einzelnen Flüchtigkeitsfehler – vielmehr war offensichtlich, dass die Verantwortlichen mehrere Grundregeln der Kommasetzung nicht beherrschten.
Um es mal in aller Deutlichkeit zu sagen: Da boten Schreibcoaches teure Programme und Buchpakete an, obwohl sie selbst nicht mal den Deutschunterricht der 9. Klasse verstanden hatten! Doch es haperte nicht nur an Rechtschreibung und Zeichensetzung. Denn das Versprechen, mit Leichtigkeit ein erfolgreiches Buch schreiben und vermarkten zu können, ist letztlich nichts als eine dreiste Lüge, um mit den Hoffnungen und Träumen leichtgläubiger Menschen Kohle zu machen.
Spitzenkompetenz erreicht man durch harte Arbeit, nicht mit Leichtigkeit!
Hast Du mal einen Sportler gesehen, der gerade dabei war, einen Weltrekord zu brechen? Umspielte dabei ein mildes Lächeln seine Lippen, während er mit unangestrengter Lockerheit seine Bewegungen vollführte? Oder sah er vielleicht eher so aus, als ob er schweißgebadet an seine Grenzen ging und all seine Energien abrufen musste?
Und damit verrate ich an dieser Stelle eine universelle Wahrheit: Niemand wird mit Leichtigkeit in irgendeiner Sache Topleistungen erzielen. Es gibt keine Abkürzung, die einem ständiges Üben erspart und Erfolg garantiert. Wenn man in einer Sache besonders gut sein will, muss man üben und seine Schwächen ausmerzen. Dazu muss man sich seiner Schwächen erstmal bewusst werden. Und das ist für niemanden ein schöner Prozess!
Wer etwas anderes behauptet, möchte die Bequemlichkeit und Wunschträume der Menschen ausnutzen, um Geld in die eigene Kasse zu spülen. Im besten Fall bieten solche Betrüger dann trotz ihrer falschen Versprechungen wertvolles Wissen, das zwar keinen Veröffentlichungserfolg garantiert, aber Nachwuchsschreibern zumindest weiterhilft. Im schlimmsten Fall drehen sie einem überteuerte Trainingspakete und Bücher an, die Plattitüden enthalten, die sich jeder in 10 Minuten kostenlos aus dem Netz zusammensuchen kann.
Leider gibt es unter den sogenannten Schreibcoaches zahlreiche Blender. Was mich jedoch viel mehr schockiert hat und der Anlass war, diesen Artikel zu schreiben: Die Follower-Zahlen dieser Blender deuten darauf hin, dass Tausende von hoffnungsvollen Schreibern auf deren miesen Maschen reinfallen.
Aus diesem Grund möchte ich nachfolgend 5 Fragen präsentieren, die man sich unbedingt stellen sollte, bevor man sich für einen Schreibcoach entscheidet. Und wenn Du jemanden kennst, der gerade einen Schreibcoach sucht, verweise ihn bitte auf diesen Artikel! Damit er nicht Geld für jemanden ausgibt, der ein inkompetenter Hochstapler ist.
Anmerkung: Ich hatte beim Schreiben eine Menge Wut im Bauch. Eilige Leser, die keine Zeit haben, sich 5000 von Zorn geprägte Worte durchzulesen, können hier schnell zur Zusammenfassung springen.
1. Frage: Kann der Schreibcoach selbst gut und fehlerfrei schreiben?
Wer sich ein gutes Schreibcoaching wünscht, sollte sich zunächst vergewissern, ob der entsprechende Schreibcoach selbst gut schreiben kann. Das klingt banal, aber viele glauben zu gern die Werbeversprechungen, statt die Texte des angeblichen Experten kritisch zu überprüfen. Die wichtigste Regel bei der Suche nach einem guten Coach lautet jedoch: Schaue Dir die Texte der Coaches ganz genau an, bevor Du Dich für einen entscheidest! Denn Texte sind das Arbeitsmaterial, mit dem ein Profischreiber umgehen können muss.
Lies Dir mehrere Blogartikel des jeweiligen Coaches durch. Wenn ein Schreibcoach eine Liste seiner zahlreichen Romane als Qualifikation angibt, dann erstarre nicht in stiller Ehrfurcht. Nimm nicht ohne Prüfung an, dass jemand ein fähiger Schreiber ist, nur weil er viel veröffentlicht hat. „Viel“ bedeutet nicht „gut“! Sei misstrauisch und studiere die Leseproben seiner Bücher. Gefällt Dir der Stil? Wäre das ein Text, den Du gern lesen würdest? Diese Fragen kann auch ein Schreibanfänger beantworten. Jeder weiß, ob ihn ein Text begeistert oder nicht. Wenn Dir die Texte des angeblichen Schreibexperten nicht gefallen, lass Dich nicht von seinen Versprechungen und Referenzen beeindrucken. Suche Dir jemanden, dessen Schreibstil Dich mehr anspricht.
Ein für Autoren wichtiges, doch oft unbeliebtes Thema: Rechtschreibung und Zeichensetzung. Viele vertreten die Ansicht, dass das nicht so wichtig sei, solange nur die Textidee gut ist. Und es mag sicher Autoren geben, die trotz mangelhafter Rechtschreibung hervorragende Romane geschrieben haben. Aber da die Sprache Handwerkszeug eines Schreibprofis ist, weist die Fehlerdichte durchaus darauf hin, wie ernsthaft er sich tatsächlich mit dem Schreibhandwerk auseinandergesetzt hat. Natürlich ist kein längerer Text fehlerfrei. Wahrscheinlich enthält auch dieser Artikel Tippfehler. Aber ab einer auffällig hohen Fehlerhäufigkeit sollte man skeptisch werden.
Als Beispiel: Ich habe mir den Spaß gemacht, mehrere Webtexte besagter Schreibcoaches korrekturzulesen, nachdem ich deren Werbeanzeige gesehen hatte. Das Ergebnis: Auf rund 250 Worte kamen 10 Fehler. Das ist für Otto Normalverbraucher kein katastrophales Ergebnis. Für einen Schreibprofi ist das eine Blamage! Zur Verdeutlichung: In einem Diktat der Mittelstufe gäbe es dafür wahrscheinlich eine 3. Aber würdest Du einem 16-jährigen Dreierschüler mehr als 50 Euro zahlen, damit er Dir das Schreibhandwerk beibringt? Nein? Dann setze denselben Maßstab auch an einen Schreibcoach an. Wenn dieser Typ zu faul war, das Handwerkszeug zu lernen, das er für seinen Beruf benötigt, dann suche Dir jemanden, der das nicht war!
__________________________________________________________________
Wichtig: Keiner der hier genannten Punkte muss für sich allein ein Ausschlusskriterium sein. Wenn ein Schreibcoach eine Handvoll Rechtschreibfehler macht, sollte man misstrauisch werden, aber trotzdem kann er Stärken haben, die ihn zu einer guten Wahl machen. Doch es kommt immer auch auf die „Intensität“ der Verfehlung an: Wenn jemand Hunderte Rechtschreibfehler in nur einem Artikel fabriziert, dann reichen ein paar Stärken nicht mehr, um das auszugleichen. Dasselbe gilt für die nachfolgenden Punkte: Wenn ein paar Referenzen fragwürdig wirken, dann ist Skepsis angebracht, aber das muss kein Ausschlusskriterium sein. Wenn jedoch der gesamte Lebenslauf erstunken und erlogen ist, dann ist zu befürchten, dass auch Kunden belogen werden.
__________________________________________________________________
2. Frage: Ist dem Schreibcoach Wohlfühlatmosphäre wichtiger als die Arbeit an handwerklichen Mängeln?
Ein zufriedener Kunde ist ein zahlender Kunde. Dementsprechend konzentrieren sich Coaches, denen es mehr ums Geld und weniger um die Schreibfortschritte ihrer Kunden geht, vor allem auf Themen, die Schreibneulingen emotional zusetzen. Die Möglichkeit des Scheiterns wird kleingeredet („Jeder kann schreiben“), die Erfolgsaussichten übertrieben („mit nur wenigen Tipps wirst Du innerhalb kürzester Zeit einen erfolgreichen Roman veröffentlichen“) und das Gelingen des Schreibprojekts bereits als gegeben vorausgesetzt („So vermarktest Du Deinen fertigen Roman“). In der Werbung wird dann alles, was den potenziellen Kunden seelisch belasten könnte, als erstes thematisiert: Ängste, Zweifel, Schreibblockaden. Handfeste Tipps zur Stilistik bieten die Websites solcher Coaches zwar auch, aber dieses Thema wird eher oberflächlich und knapp abgehandelt.
Wenn Du nach Verbesserung strebst, dann mache um oben beschriebene Coaches einen Bogen. Denn die hässliche Wahrheit lautet:
„Wer Zweifel hat, ob er gut genug schreibt, hat die mitunter deswegen, weil er tatsächlich schlecht schreibt!“
Das ist aber nicht weiter schlimm, denn trotz seines schlechten Rufs kann Zweifel auch einen positiven Effekt haben: Er signalisiert die Notwendigkeit, sich zu verbessern. Die Lösung sollte daher nicht sein, dem Nachwuchsautor die Zweifel unter allen Umständen auszureden. Denn so wird der kein besserer Schreiber! So wird er bestenfalls ein naiver Optimist. Schlimmstenfalls jemand, der sich für ein Schriftstellergenie hält, obwohl er nicht mal die Grundlagen des Schreibhandwerks beherrscht. Die Lösung sollte vielmehr darin bestehen, berechtigte Zweifel nach und nach auszuräumen, indem man Tipps anbietet, durch die sich die schriftstellerische Qualität steigert. Denn nur weil jemand aktuell berechtigterweise an seinen Fähigkeiten zweifelt, heißt das noch lange nicht, dass er sich nicht künftig verbessern kann.
Das Problem: Um in etwas besser zu werden, muss man seine Schwächen kennen und an ihnen arbeiten. Das geht am schnellsten, wenn ein erfahrener Schreibcoach diese Schwächen analysiert und anspricht. Doch die meisten Menschen reagieren mit Wut, Scham oder Trotz, wenn man sie auf ihre Schwächen anspricht. Das sind negative Emotionen. Und Menschen, die in einem negative Emotionen auslösen, gibt man ungern sein Geld. Aus diesem Grund ähnelt das Angebot vieler schlechter Coaches einem Kinderhort des verbalen Kuschelns. Die Zweifel sind ganz böse, jeder Mensch natürlicherweise schreibbegabt und es bedarf nur des 200 Euro teuren Schreibcoachings, um dieses Talent zu aktivieren!
Wer seine schriftstellerischen Fähigkeiten trainieren will, ist meist besser bei einem Coach aufgehoben, der Schwächen auch anspricht. Solche Coaches erkennt man daran, dass sie auch eine realistische Einschätzung zum erforderlichen Übungs- und Arbeitsaufwand geben. Denn nochmal als Leitsatz: Niemand wird mit Leichtigkeit ein Meister seines Fachs! Meisterschaft erfordert immer Übung, Weiterbildung und Anstrengung!
Themen wie kurzzeitige kreative Blockaden dürfen selbstverständlich angesprochen werden. Das sind aber im Regelfall nicht die entscheidenden Faktoren, die der Veröffentlichung eines erfolgreichen Romans im Wege stehen. Gründe dafür sind meist eher mangelndes schriftstellerisches Handwerk oder ein dauerhaftes und tiefer sitzendes Problem mit Disziplin und Zeitmanagement.
Wenn es aber wirklich schlechtes Zeitmanagement, tiefsitzende unberechtigte Zweifel, Prokrastination oder gar Depressionen sind, die Dich vom Schreiben abhalten, dann ist ein Schreibcoach in den meisten Fällen einfach nicht qualifiziert, Dir Hilfe zu bieten! Dafür gibt es Psychotherapeuten. Man geht ja mit einem gebrochenen Bein auch nicht zu einem Sportlehrer, weil der weiß, wie man ein gesundes Bein trainiert. Man geht damit zu einem Arzt! Und genauso sollte man mit ernsthaften psychischen Problemen nicht zu einem Schreibcoach gehen. Damit geht man zu einem Therapeuten.
Wenn ein Schreibcoach sich vor allem auf Deine emotionalen Befindlichkeiten stürzt, hat das häufig einen sehr egoistischen Grund: Er möchte eine emotionale Bindung aufbauen, die es ihm erleichtert, Dir sein überteuertes Angebot anzudrehen!
3. Frage: Überzeugen die Qualifikationen des Schreibcoaches auch nach einer kritischen Prüfung?
Autor zahlreicher Bücher, Studium und Weiterbildung im Bereich Journalismus und Dramaturgie und Lobeshymnen begeisterter Kunden auf der eigenen Website: Die Qualifikationen und Referenzen vieler Schreibcoaches wirken oft beeindruckend. Aber sind sie das wirklich?
Zunächst vorab: Ich glaube nicht, dass ein Studium, eine Ausbildung oder eine Bestseller-Veröffentlichung zwingende Voraussetzungen sind, ein guter Schreibcoach zu sein. Wie gut ein Coach tatsächlich ist, weiß man erst mit Gewissheit, wenn man seine Dienste in Anspruch genommen hat. Aber wenn man das Risiko minimieren will, Geld für einen Taugenichts auszugeben, dann hilft es, auf Wahrscheinlichkeiten zu achten.
Überprüfe den beruflichen Background des Coaches
Bei einem Coach, der vor seiner Selbstständigkeit mehrere Jahre bei einem Verlag angestellt war, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er Ahnung vom Schreibhandwerk hat, als bei einem, der zuvor als Bäcker gearbeitet hat. Du erwartest von einem Journalisten ja auch nicht, dass er die weltbesten Brötchen backt. Wenn der Schreibcoach auch Vermarktungstipps gibt, ist es sicher kein Nachteil, wenn er zuvor im Marketingbereich gearbeitet hat. Und ein beruflicher Hintergrund beim Theater, Film oder Fernsehen erhöht die Chance, dass der Coach die Grundregeln der Dramaturgie schon mal in der Praxis anwenden konnte.
Bei einer Anstellung in einem der oben genannten Bereiche kannst Du zumindest davon ausgehen, dass andere Schreib- oder Marketing-Profis den Coach für gut genug befanden, ihn zu bezahlen. Fehlt solch ein berufliche Background, kannst Du das nicht. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass auch ein branchenfremder Schreibcoach gute Arbeit leistet. Deswegen sollte – wie bereits erwähnt – auch ein einzelnes der hier genannten Warnzeichen kein Ausschlusskritierum sein. Aber bei mehreren Warnzeichen solltest Du auf Abstand gehen. Du würdest Dein Geld ja auch nicht in den Ofen werfen, weil doch eine theoretische Chance besteht, dass es den Brand übersteht, oder?
Wenn der Coach hinsichtlich seines beruflichen Backgrounds eher diffus bleibt, dann meist, weil er diesbezüglich eben nicht viel vorweisen kann. In einigen Fällen hilft dann eine schnelle Recherche in beruflichen Netzwerken wie XING oder LinkedIn.
Studium ist nicht gleich Studium: Wichtig ist, ob jemals irgendeine Art der Qualitätsprüfung stattfand
Kommen wir nun zu Qualifikationen wie Ausbildung und Studium: Ich sag es ganz klipp und klar: Einen tatsächlichen Hinweis, ob eine Person etwas übers Schreiben, Literatur im Allgemeinen oder Marketing gelernt hat, liefern nur solche Studien- und Ausbildungsgänge, in denen man für die Erfolgsbescheinigung auch eine Prüfung ablegen muss: Also beispielsweise die Ausbildungsgänge der Handelskammern oder Studiengänge, die man mit einem Bachelor, Master, Diplom, Magister, Examen oder gar Doktor abgeschlossen hat. Warum ich das sage? Weil man dafür Prüfungen absolvieren muss, die man nur besteht, wenn man Ahnung von der Materie hat! Aber natürlich wissen viele Coaches, dass ein Studienabschluss oft Seriosität vermittelt. Also absolvieren sie dann irgendwelche dieser unzähligen Fernkurse, bei denen es keinerlei Abschlussprüfung gibt.
„Ach, Du machst doch nur Agenda in eigener Sache, weil Du halt ’nen Uni-Abschluss hast und keinen einer richtigen Autorenschule!“, mag nun manch kritischer Leser einwenden. Dem sei gesagt: Ich hab‘ tatsächlich beides. Ein Zertifikat einer solchen „Schreib- oder Autorenschule“ zu bekommen, ist allerdings kinderleicht. Man muss dafür nicht viel können. Man muss dem Anbieter in der Regel nur über einen längeren Zeitraum Geld überweisen. Wenn man sich für solch einen Kurs anmeldet, gibt es bei den meisten Anbietern monatlich ein Heftchen mit Lektionen und Übungsaufgaben. Bei einigen Anbietern muss man die Übungsaufgaben absolvieren, bei anderen sind sie sogar freiwillig. Der Zeitaufwand für diese Übungsaufgaben ist im Vergleich zu den Seminararbeiten im Rahmen eines Universitätsstudiums lachhaft. Die größte Herausforderung bei diesen Kursen ist lediglich, genug Geld aufzubringen, um sie zu bezahlen.
Um mal den Vergleich zu bringen: Für mein Germanistikstudium musste ich über die Jahre verteilt in Seminararbeiten etwa 140 Seiten zur deutschen Sprache und Literatur verfassen, ich habe eine Zwischenprüfung und eine Abschlussprüfung zu drei unterschiedlichen Teilbereichen der Germanistik absolviert und dann noch eine knapp 190-seitige Abschlussarbeit geschrieben.
Für den Abschluss einer sogenannten „Autorenschule“ habe ich in zwei Jahren Übungsaufgaben im Umfang von nur 1,5 Seiten (!) eingeschickt. Eine Abschlussprüfung gab es nicht. Dann hatte ich mein Zertifikat.
Ich schreibe das nicht, um anzugeben. Ich möchte lediglich jenen Lesern, die sich mit den Gepflogenheiten vieler Schreib- und Autorenschulen nicht auskennen, einen Vergleich liefern. Denn wenn im Lebenslauf einiger Coaches steht, dass sie ein mehrjähriges Studium der Journalistik absolviert haben, vermuten die meisten schnell, dass sie dabei ja ihr Können unter Beweis gestellt haben. Aber nein: Wie mein obiges Beispiel zeigt, mussten sie es nicht! Die Qualitätsprüfung ist bei vielen dieser Schulen freiwillig, ein Scheitern nahezu unmöglich.
Lasst euch also nicht von überlangen Listen an Qualifikationen und wohlklingenden Worthülsen beeindrucken. Hinterfragt stattdessen immer, ob die Angaben darauf schließen lassen, dass der Coach tatsächlich irgendwann seine Fähigkeiten beweisen musste. Sei es im Rahmen von Prüfungen oder im Job. Musste er es nicht und lassen auch seine Blogartikel oder Leseproben zu wünschen übrig, gibt es nicht den geringsten Grund zur Annahme, dass er euch irgendetwas beibringen könnte, das ihr nicht auch viel günstiger allein lernen könntet.
Auch wenn der Abschluss bei einer Schreib- oder Autorenschule meiner Meinung nach keinen Hinweis auf die Kompetenz der Absolventen liefert, kann man durch entsprechende Schulen natürlich dennoch einiges über das Schreibhandwerk lernen. Im Rahmen der 2017 von der Schule des Schreibens veranstalteten Deutschen Schreibtage erzählte der Autor Christian Eisert beispielsweise sehr unterhaltsam von der Überbewertung der Ideenfindung und der Unterbewertung des reinen Schreibhandwerks. In der untenstehenden Textbox erkläre ich aber genauer, warum ich dennoch von entsprechenden Kursen abrate.
__________________________________________________________________Kurzer Exkurs zu den Studienangeboten von AutorenschulenTrotz meiner kleinen Tirade sind die Schreibkurse der meisten Autorenschulen keineswegs vollkommen nutzlos. Wenn man sein Lernmaterial eifrig liest und den Beratungsservice in Anspruch nimmt, dann kann man dadurch durchaus etwas lernen. Sie sind nur kein verlässlicher Nachweis, ob der entsprechende Coach etwas gelernt hat – eben weil echte Qualitätsnachweise meist nicht erforderlich sind, um diese Kurse zu bestehen. Ich selbst würde solch einen Kurs auf jeden Fall nicht wieder belegen. Nicht, weil er mir nichts gebracht hat. Ich habe tatsächlich einiges dadurch gelernt. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt einfach nicht. Die Kurse kosten pro Monat meist zwischen 70 und 120 Euro. Als Gegenleistung gibt es monatlich ein mehr oder weniger dünnes Heft zu dem gewählten Thema und einen Textbeurteilungsservice für einen kürzeren Text (oft nur ein bis zwei Seiten). Die meisten im Handel frei verfügbaren Bücher zum Schreibhandwerk kosten allerdings 15 bis 30 Euro und sind weitaus umfangreicher als die Unterlagen/Lernhefte, die man im Rahmen eines „Schreib-Studiums“ erhält. Und ein stilistisches Lektorat eurer Texte dürfte pro Normseite rund 4 bis 9 Euro kosten, wenn ihr einen Freelancer damit beauftragt. An den Änderungen und Anmerkungen könnt ihr dann ziemlich genau sehen, wo ihr noch Schwächen habt. Und der Vorteil dabei: Ihr könnt den Freelancer ganz gezielt aussuchen und sogar wechseln, wenn ihr mit dem Textservice nicht zufrieden seid. Das könnt ihr bei den meisten Autorenschulen nicht! Wenn ihr euch also monatlich einen dicken Schreibratgeber kauft und zwei Seiten von einem Lektor/Texter überarbeiten lasst, bekommt ihr für monatlich 47 Euro also im Grunde ein umfangreicheres Leistungspaket als bei den deutlich teureren Autorenschulen. __________________________________________________________________ |
Die Tatsache, dass jemand ein Buch veröffentlicht hat, bedeutet an sich gar nichts!
Wer viele Bücher veröffentlicht hat, der muss doch Ahnung vom Schreiben haben? Das ist leider ein Trugschluss. Dank der vielen modernen Druck- und Vertriebsdienstleister kann heutzutage jeder Bücher in den Handel bringen. Hier die schnellste Methode, ein Buch zu veröffentlichen:
„Du öffnest ein Schreibprogramm wie beispielsweise Word und legst dann einen schweren Stein auf Deine Tastatur. Dann machst Du Dir erstmal in Ruhe einen Kaffee und isst zu Mittag, bis das Programm ungefähr 300 Seiten mit Buchstabensalat gefühlt hat. Dannach nimmst Du den Stein von der Tastatur und suchst Dir bei einer Bildagentur eine schöne Illustration für Dein Buchcover. Das setzt Du auf die erste Seite und tippst darüber noch einen Buchtitel. Dann kommt der schwierigste Teil: Du musst ein gesetzeskonformes Impressum erstellen. Das kann schon mal ganze 5 Minuten dauern. Dann wandelst Du die Datei in ein PDF um und beauftragst einen Druck- und Vertriebsdienstleister (das ist kein Verlag, denn Verlage lehnen solchen Buchstabensalat wahrscheinlich ab) damit, gegen Geld Dein Buch zu drucken. Fertig ist Deine Buchveröffentlichung!“
Auf oben beschriebene Weise kannst Du täglich mindestens 3 bis 5 Bücher auf den Markt bringen. Vorausgesetzt, Du kannst die Druckkosten bezahlen. Sind die gut geschrieben? Nein, es ist nur sinnloser Buchstabenbrei! Werden die Bücher sich gut verkaufen? Nein, denn sowas will doch kein Mensch lesen! Aber deswegen lassen sich entsprechende Dienstleister den Druck ja auch bezahlen, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Klassische Verlage bezahlen hingegen ihre Autoren. Das Manuskript wird daher vorher geprüft, damit sich abschätzen lässt, ob der Autor gut genug schreibt, um möglichst viele Leser zu begeistern. Beim Self-Publishing gibt es hingegen eine solche Prüfung meist nicht. Man bezahlt selbst den Druck seines Buches. Wir haben hier also wieder die Situation, dass man eine vermeintliche „Qualifikation“ einfach erkaufen kann.
Damit möchte ich aber nicht das Self-Publishing als solches schlechtreden. Die Veröffentlichung bei klassischen Verlagen ist aber insofern ein Pluspunkt für einen Schreibcoach, dass Du davon ausgehen kannst, dass seine Texte der Überprüfung durch einen Verlag standgehalten haben. Diese Garantie hast Du bei selbstveröffentlichten Büchern nicht! Daher mein Hinweis, dass eine lange Liste an Veröffentlichungen zunächst einmal nicht das Geringste über die Schreibfertigkeiten des Autors aussagt. Verlage überprüfen allerdings nicht nur die sprachliche Qualität, sondern auch die Vermarktungschancen. Bücher mit vermeintlich kleiner Zielgruppe werden daher oft auch abgelehnt, obwohl sie sehr gut geschrieben sind. Dann ist Self-Publishing eine interessante Alternative. Doch prinzipiell kann auf diese Weise jeder Bücher veröffentlichen, der in der Lage ist, die Druckkosten zu bezahlen. Wenn also die Liste des professionellen Schreibcoaches ausschließlich aus Self-Publishing-Titeln besteht, dann schaut euch bitte die Leseproben und Buchkritiken zu diesen Werken an. Und zwar nicht die Kritiken auf der Website des Schreibcoaches, sondern die auf externen Webseiten. Wenn die Leseproben Dich aber überzeugen und das Buch überwiegend positive Resonanz finden (aber Achtung: Auch Kritiken kann man kaufen!), dann kann auch ein selbstverlegtes Buch ein positiver Hinweis sein.
Im Allgemeinen sollte man aber die Zahl und den Erfolg von Buchpublikationen nicht überbewerten. Schließlich schicken diverse Eltern ihre Kinder auch in Musikschulen oder Sportvereine, obwohl die Lehrer dort keine Popstars oder Olympiagewinner sind. Wichtig ist vor allem, dass der Schreibcoach eine solide Kenntnis des Schreibhandwerks hat.
4. Frage: Passen Qualifikationen und Referenzen des Coaches zum Leistungsangebot?
Jemand der gut schreiben kann, kann nicht automatisch gut vermarkten. Jemand, der sich im Marketing gut auskennt, muss deswegen noch längst kein Schreibprofi sein. Und ein Schreibcoach, der bislang ausschließlich Kinderbücher veröffentlicht hat, ist wahrscheinlich nicht der richtige Ansprechpartner, wenn Du einen blutigen Thriller oder einen Horrorroman schreiben möchtest.
Folgendes gilt insbesondere bei solchen Coaches, die nicht nur Beratung zum Schreiben an sich, sondern auch zum Marketing und zur Lebensführung anbieten. Überprüfe unbedingt, ob ihre Qualifikationen und Referenzen überhaupt zu ihrem Angebot passen! Bei meinen Recherchen bin ich beispielsweise auf eine Frau gestoßen, die für sämtliche Genres Schreib- und Vermarktungstipps anbot. Die gute Dame hatte nie zuvor in einem Verlag oder in einer Agentur gearbeitet und bislang fast ausschließlich Kinderbücher geschrieben! Was will die denn Kunden über den Spannungsaufbau, Stilistik und Motivnutzung im Horrorroman erzählen? Auch auf ihrer Website gab es auch keinerlei Artikel, die darauf hindeuteten, dass sie sich eigenständig Wissen über die unterschiedlichen Genres angeeignet hatte. Nur die üblichen Ratschläge zum Dialogaufbau, zur Erzählperspektive und jede Menge Tipps zur Seelenhygiene. (Ob sie dafür irgendwelche Qualifikationen mitbrachte, dürftet ihr inzwischen erahnen können.)
Natürlich gibt es Basics, die für sämtliche Genres gelten. Aber wenn darüber hinaus spezielles Coaching oder Marketingtipps angeboten werden, dann sollte der Coach eben auch in diesen Bereichen Qualifikationen vorweisen können.
5. Frage: Schreibcoaching samt Marketingtipps: Wie erfolgreich sind die Publikationen überhaupt?
Schreiben ist kinderleicht und mit ein paar Marketingtipps wird das Buch garantiert ein Erfolg: Wenn das Ganze so einfach ist, warum arbeitet der Coach dann eigentlich noch als Coach, statt sein Geld als Bestseller-Autor zu verdienen? Du siehst: Wenn der Schreibcoach bei seinen Erfolgsversprechen zu dick aufträgt, ist auch das ein Grund, misstrauisch zu werden.
Wie oben bereits geschrieben, glaube ich nicht, dass ein guter Schreibcoach unbedingt ein Buch veröffentlicht haben muss. Wer regelmäßig für Zeitungen und Magazine geschrieben hat, dürfte schließlich ebenfalls Ahnung vom Schreibhandwerk haben. Aber wenn jemand behauptet, auch Vermarktungsexperte zu sein, dann lohnt sich schon ein genauerer Blick auf die Veröffentlichungen. Denn die müssten dann ja überaus erfolgreich sein. Wenn jemand sich als kompetenter Autor und Vermarktungsexperte darstellt, für seine Beratung ordentlich Geld verlangt, aber fast alle seine Bücher auf eigene Kosten veröffentlichten musste, die nie auch nur in die Nähe der Bestsellerlisten kamen und bei Amazon den Verkaufsrang 1.450.144 belegen, dann passen Selbstdarstellung und Wirklichkeit nicht zusammen.
Und das ist nicht gegen engagierte Self-Publisher gerichtet, die sich das Schreibhandwerk mühevoll beigebracht haben und nun ohne Verlagsunterstützung versuchen, ihr Buch im undurchsichtigen Dschungel an Neuveröffentlichungen bekannter zu machen. Ich kenne einige gute Autoren, deren Bücher sich leider eher schlecht verkaufen. Allerdings die erzählen auch nicht, wie leicht es ist, ein Buch zu vermarkten. Und die bieten auch keine teuren Marketingtipps gegen Bezahlung an, obwohl sie es nicht mal geschafft haben, ihre eigenen Bücher zu pushen.
Wirf Dein Geld also bitte keinen selbsternannten Marketingexperten in den Rachen, dessen einziger größerer Erfolg das Abzocken seiner eigenen Kunden war.
Ein weiterer Tipp: Noch wichtiger als der Erfolg der Publikationen des Coaches ist eigentlich der Erfolg seiner Kunden.
Denn wenn ein Coach verspricht, dass er seinen Kunden nicht nur das Schreibhandwerk vermitteln, sondern sie auch bei der Vermarktung unterstützen kann, müssten doch ein paar davon längst selbst erfolgreiche Autoren sein. Insofern lohnt es sich, bei der Auswahl eines Schreibcoaches darauf zu achten, ob Kundenreferenzen existieren. Und damit meine ich nicht angebliche Kundenstimmen auf der Website, die nur mit dem Vornamen unterzeichnet wurden. Ich meine die konkrete Nennung von Buchtiteln der eigenen Kunden.
Ich bin nur auf sehr wenige Schreibcoaches gestoßen, die solche Nachweise erfolgreicher Kundenveröffentlichung erbringen konnten. Und mit „erfolgreich“ meine ich nicht, dass der Kunde erst den Coach bezahlen musste und dann zusätzlichen noch einen teuren Druckkostenzuschussverlag, um ein Buch zu publizieren, das dann nur zehn Leute lesen. Ich meine solche Veröffentlichungen, die tatsächlich eine größere Leserschaft erreicht haben. Solche Referenzen sind selten und das, obwohl so viele Coaches Erfolg und Vermarktungsunterstützung versprechen.
Tatsächlich gibt es jedoch auch Coaches, die genau solche Kundenreferenzen bieten können. Wisst ihr, was ich auf deren Websites hingegen kaum gefunden habe? Rechtschreibfehler! Mag daran liegen, dass eben genau solche Leute ihren Job in allen Bereichen ernst nehmen!
Warum es mir wichtig ist, über die Taktiken mieser Schreibcoaches aufzuklären
Ich bin der festen Überzeugung, dass gutes Schreibcoaching Nachwuchsautoren weiterbringen kann. Was mich aber immens stört, ist, dass es zahlreiche schwarze Schafe unter den Schreibcoaches gibt, die bei geringer Qualifikation mehr Kompetenz vorheucheln, als sie haben, und gleichzeitig Unsummen für ihre Dienste verlangen.
Um thematisch wieder zu der Werbeanzeige zurückzukehren, die Anlass meines Artikels war: Dort wurde versprochen, dass jeder ohne Schwierigkeiten das Schreiben lernen kann und eine erfahrene Buchautorin mit Journalistikstudium hilfreiche Schreib- und Vermarktungstipp gibt.
Was ergab dann die Recherche: Ihre Website war voller Rechtschreibfehler, die wenigen konkreten Schreibstipps auf der Website waren verkürzte Allerweltsweisheiten des Schreibhandwerks, die man im Netz allerorts ausführlicher und besser erklärt findet. Die Dame hatte weder als Auszubildende noch als Angestellte in irgendeinem Bereich gearbeitet, der mit Schreiben, Literatur oder Sprache zu tun hat. Das sogenannte Studium war eines, das man ohne Abschlussprüfung besteht, wenn man nur regelmäßig das Geld an den Anbieter überweist. Ihre Bücher waren zum Großteil auf eigene Kosten im Self-Publishing rausgebracht und dümpelten hinsichtlich des Verkaufsrangs auf den populären Online-Marktplätzen irgendwo zwischen Platz 200.000 und 1.500.000 (Was vollkommen in Ordnung ist, solange man sich nicht gerade als Experte für Büchermarketing bezahlen lässt). Dafür war die Website voller Mut machender Sprüche, dass jeder in kürzester Zeit ein gutes Buch schreiben könne. Doch Belege für tatsächlich erfolgreiche Autorenbetreuung fand man dort nicht. Stattdessen Lobhudelei von angeblichen Kunden. Und obwohl die natürlich alle erfolgreiche Buchautoren waren, konnte kein einziger ihrer Buchtitel genannt werden.
Sowas macht mich einfach wütend. Es macht mich wütend, weil Schreibanfänger über den Tisch gezogen werden, die die Qualität solcher Coaches noch nicht einschätzen können. Und es macht mich auch deswegen wütend, weil durch solche Praktiken ein ganzer Berufsstand in den Dreck gezogen wird. Denn es gibt sie da draußen, die guten Schreibcoaches. Viele davon bieten auf ihren Webseiten auch ausführliche Schreibtipps an, die einem wirklich weiterhelfen. Denn sie haben genug Wissen, um im kostenpflichtigen Coaching dann auch über dieses Basiswissen hinaus Kompetenzen zu vermitteln. Ihre Texte sind unterhaltsam und gut geschrieben. Und vor allem wimmelt es in ihnen nicht vor Fehlern. Einige dieser Coaches haben auch Autorenschulen besucht. Aber das sind bei ihnen nur Weiterbildungen, mit denen sie ihre zahlreichen anderen Qualifikationen ergänzen. Einige wenige können sogar tatsächlich auf erfolgreich vermarktete Bücher ihrer Kunden verweisen. Was man bei diesen Schreibcoaches allerdings selten findet, sind Heilsversprechen, dass man ohne Anstrengung in kürzester Zeit ein herausragender Schriftsteller wird. Weil das unlauter ist, weil das gelogen wäre und weil sie es besser wissen!
Doch genau solche seriösen Schreibcoaches haben oft weniger Kunden als jene, die im Netz Jungautoren mit zuckersüßen Versprechungen einlullen. Ich werde hier keine Namen nennen, weder für die Negativ- noch für die Positivbeispiele. Einfach damit mir niemand vorwerfen kann, ich würde für oder gegen bestimmte Leute Werbung machen. Aber ich möchte jedem ans Herz legen, auf der Suche nach einem guten Schreibcoach dessen Kompetenz zu hinterfragen. Denn wenn ihr euch die hier ausführlich erläuterten 5 Fragen stellt, brauche ich euch gar keine Empfehlungen geben. Ihr werdet dann selbst einschätzen können, wer ein guter Schreibcoach ist und wer ein geldgieriger Schwätzer.
Zusammenfassung: Fragen, die Du bei der Suche nach einem Schreibcoach stellen solltest
- Kann der Schreibcoach selbst gut und fehlerfrei schreiben? Artikel auf der Website des Coaches liefern oft die deutlichsten Hinweise (denn die lassen die wenigsten Leute von Dritten korrekturlesen). Aber auch die Leseproben zu seinen Büchern solltest Du Dir anschauen. Zahlreiche Rechtschreibfehler sind ein Hinweis, dass der Coach es nicht mit allen Aspekten des Schreibhandwerks so genau nimmt. Wenn Dir der Stil der Texte nicht gefällt, vermittelt er Dir wahrscheinlich auch einen Stil, der nicht zu Deinem geplanten Buch passt.
- Ist dem Schreibcoach Wohlfühlatmosphäre wichtiger als die Arbeit an handwerklichen Mängeln? Macht der Coach Versprechungen, die unrealistisch wirken? (bspw. dass ein Schreibanfänger mit ihm innerhalb weniger Monate ein gut geschriebenes, perfekt vermarktbares Buch vollenden wird) Oder zielen seine Webartikel hauptsächlich auf beruhigende Seelsorge statt auf die Vermittlung von Schreibkenntnissen ab? Dann geht es ihm unter Umständen nur darum, eine emotionale Kundenbindung herzustellen, damit Du bereit bist, für wenig Leistung viel zu bezahlen.
- Überzeugen die Qualifikationen des Schreibcoaches auch nach einer kritischen Prüfung? Entscheidend ist vor allem, dass die angeblichen Qualifikationen tatsächlich Belege für irgendwelche Kompetenzen sind. Bestimmte Zertifikate kann man kaufen. Um ein Buch im Self-Publishing zu veröffentlichen, braucht man lediglich Geld für die Druckkosten zu bezahlen. Recherchiere also, ob der Coach beispielsweise Berufserfahrung im Verlags-, Medien- oder Agenturbereich hat oder ob sein Studium irgendeine Form von Leistungsnachweis erforderte. Und erneut: Schaue unbedingt, ob seine Veröffentlichungen tatsächlich überzeugen. Das ist der wichtigste Punkt und noch weit wichtiger als der berufliche Hintergrund.
- Passen Qualifikationen und Referenzen des Coaches zum Leistungsangebot? Wenn der Coach beispielsweise bislang nur Kinderbücher geschrieben hat, aber Coaching im Horror- und Thriller-Bereich anbietet, sollte man misstrauisch werden.
- Schreibcoaching samt Marketingtipps: Wie erfolgreich sind die Publikationen überhaupt? Ziel des Marketings ist es, die höchstmöglichen Verkaufszahlen zu erreichen. Die sind oft nicht direkt überprüfbar, aber es gibt Indizien: Wie oft wurden die Bücher des Coaches rezensiert, welchen Verkaufsrang haben sie auf den Online-Marktplätzen? Gibt es Belege, dass er jemals einen Kunden bis zur professionellen Veröffentlichung eines Buches begleitet hat? Welche Marketingerfahrungen hat der Coach überhaupt? Wenn er Geld für Marketingtipps verlangt, aber seine Bücher auf eigene Kosten veröffentlicht und die dann nur eine Handvoll Käufer finden, dann ist das ein deutliches Warnzeichen.
Ein Coach muss nicht unbedingt bei allen Fragen überzeugen. Aber wenn er bei den meisten Punkten schlecht abschneidet, ist er wahrscheinlich nicht die beste Wahl. Suche dann unbedingt weiter, statt Dich für den erstbesten Coach zu entscheiden, den die Google-Suche ausspuckt.
PS: Wer Feedback zu seinen Texten sucht, aber nicht gleich die Leistungen eines Profis bezahlen möchte, für den kann es sich unter Umständen auch auszahlen, zunächst ein paar kostenlose Testleser zu suchen. Aber auch da gibt es schwarze Schafe, um die Du besser einen Bogen machen solltest. Welche das sind, verrate ich Dir in meinem Artikel Die 7 schlimmsten Testleser! Wem Du Dein Manuskript nie zeigen solltest.
Bildnachweise
- Titelbild von Tumisu auf Pixabay.
- Bild zu Schreibblockaden, Zweifeln, Ängsten, Depressionen (durch Quadrate unterteilter Kopf) von kalhh auf Pixabay.
- Illustration des Schreibcoaches mit Zertifikaten von kreatikar auf Pixabay.
- Bild einiger hochqualifizierter Steine von Wokandapix auf Pixabay.
- Bild einer Frau vorm Monitor mohamed_hassan auf Pixabay.
Hallo, Marius,
ein herzliches Dankeschön für deinen kritischen und (vielleicht nur für mich) unterhaltsamen Blogartikel! Du sprichst mir aus der Seele. Über Schreibcoaches hatte ich mir bislang noch wenige Gedanken gemacht, aber meine Überlegungen zu Druckkostenzuschuss- oder Bezahlverlagen gehen in dieselbe Richtung. Ebenso wie einige Beobachtungen über Schreibschulen oder selbsternannte Schreibgurus.
Recht gebe ich dir vor allem im Hinblick auf die Qualifikationsmerkmale all derer, die uns beim Schreibenlernen helfen wollen. Wenn ich etwa im digitalen Gästebuch einer dieser Personen lese
„Liebe Bea, danke für diesen tollen Artikel. Jetzt weiß ich endlich, wie man ein gutes Buch schreibt. Viele Grüße. Thomas“ und in diesem Dreizeiler ein Dutzend Rechtschreib- und Grammatikfehler finde (die ich hier nicht wiedergegeben habe), dann weiß ich, wes Geistes Kinder der Verfasser der Zeilen wie auch die Schreibtrainerin selber sind (obwohl ihre Tipps wirklich gut waren). In meinem Gästebuch (das keiner nutzt) weise ich darauf hin, dass ich grobe Fehler verbessere, weil mir solche Fehler peinlich wären.
Bei den von dir angesprochenen leicht erreichbaren Veröffentlichungen vermisse ich dein Ansprechen des eigenständigen Hochladens der Manuskripte etwa bei Amazon, epubli und wie sie alle heißen: Dort kostet die Veröffentlichung nämlich gar nichts.
Zum Thema Qualifikation: Ich stimme dir zu, dass man Talent (auch als Autor) schwerlich lernen kann – hierüber bin ich schon mit Vertretern von Schreibschulen aneinandergeraten. Die Qualifikation des Coaches ist vom Anfänger, wie du schreibst, schwerlich zu erkennen. Ich sehe mich nicht als Schreibcoach, ich bin Autor, Korrektor, Lektor und Rezensent. Auf meiner Ebene und ohne ein literatur- oder literaturwissenschaftliches Diplom, meine Universitätsabschlüsse habe ich in BWL und Wirtschaftsrecht erworben, beim Schreiben bin ich Autodidakt. Dennoch bin ich überzeugt, mit meiner bisherigen Erfahrung, mit meiner Beherrschung der deutschen Sprache und mit Verantwortungsbewusstsein auch andern helfen zu können. Ja, ich nehme für diese von mir „Buchverbesserung“ genannten Dienste Geld – ein Taschengeld, weil ich es nicht beruflich mache, und weil ich selbst meinen schriftstellerischen Spaß daran haben will.
Vielleicht finden die Leser deines Blogartikels auch in meinem Kommentar Anhaltspunkte, worauf sie achten sollten bei der Wahl nicht nur ihrer Schreibcoaches, sondern beim Suchen nach jeglichen geeigneten Lernhilfen. Und später dann beim Suchen eines ordentlichen Verlags. Es sollte mich freuen.
Beste Grüße
Michael Kothe, Autor