Mr. Puzzles wants you to be less alive: Erster Horrorfilm einer KI

Mr. Puzzles mit Teufelsmaske

Netflix ließ einen Bot 400.000 Stunden Horrorfilme auswerten, damit er auf dieser Grundlage einen Kurzfilm entwickelt. So entstand der erste von einer künstlichen Intelligenz geschriebene Horrorfilm: „Mr. Puzzles wants you to be less alive“. Angesichts des Drehbuchs bleibt jedoch nur ein Schluss: Die Auswertung Tausender Horrorfilme hat die arme KI in den Wahnsinn getrieben!

Veröffentlicht wurde der Animationsfilm „Mr. Puzzles wants you to be less alive“ auf der Plattform „Netflix Is A Joke“ – Netflix‘ Label für Comedy-Formate. Allein das weist bereits darauf hin, dass es sich bei dem Kurzfilm keineswegs um einen gänsehauterregenden Schocker handelt. Dafür ist er überaus spaßig! Und da er mit knapp viereinhalb Minuten Dauer kaum Lebenszeit kostet, kann ich ihn an dieser Stelle nur jedem Horrorfan empfehlen.

Netflix‘ KI-generierter Horrorfilm ist aus zusammenhanglosen Klischees zusammengehämmerter Schrott – und gerade deswegen so unterhaltsam.

Der Film entstand in Zusammenarbeit mit dem Comedian Keaton Patti und einem Bot, der zuvor Tausende Stunden an Filmmaterial analysiert hatte. Wer sich aber im Horrorbereich auskennt, der weiß, dass viele Genreproduktionen alles andere als intelligent geschriebene Filmperlen sind. Was kommt also dabei heraus, wenn eine künstliche Intelligenz aus unzähligen Horrorfilmen die gemeinsamen Muster extrahiert und diese in ein 4-Minuten-Filmchen presst?

Mr. Puzzles wants you to be less alive: Dialoge aus der Hölle

Beim sogenannten Machine Learning versuchen Algorithmen, aus einer vorgegebenen Datenmenge Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Und genau das dürfte auch bei der Produktion von „Mr. Puzzles wants you to be less alive“ passiert sein. Dabei scheint die KI folgende Elemente als stilprägend für Horrorfilme anzusehen:

Megan Fox im Film "Jennifer's Body". Mr. Puzzles referiert auf sie.
Wer kennt sie nicht, diese Jennifers mit ihren Körpern?
        • sadistische Spiele
        • tödliche Fallen
        • Vertrauenspersonen, die sterben
        • hohe Relevanz von Jungfräulichkeit
        • aus dem Nichts kommende Plottwists

Die Rahmenhandlung erinnert stark an SAW: Der sadistische Mr. Puzzles hat mehrere Menschen entführt, die nun Rätsel lösen müssen. Tun sie dies nicht, werden sie grausam umgebracht. Die weitere Handlung ist ebenso obskur wie sprunghaft. Die Dialoge bestehen aus unzusammenhängenden Versatzstücken, Horrorfilmklischees und Filmtiteln. So beteuert die Heldin des Filmes beispielsweise, dass sie keine Häuser kennt, weil sie doch schließlich Jungfrau sei!

Spaß bietet der Kurzfilm Genrekennern vor allem dadurch, dass man so herrlich raten kann, welches Filmoriginal für unsinnige Dialogzeilen wie die Folgenden Pate stand:

How do you know my name?“

„You have a body. Jennifers have always bodies.

Das macht den Animationsfilm zwar nicht spannend, aber überaus unterhaltsam und verleiht ihm einen grotesken Charme, der jeden Asylum-Film in den Schatten stellt.

 

Bots als Berater und Drehbuchautoren: Zukunftsmusik oder bald Wirklichkeit?

Die Entwicklung künstlicher Intelligenz schreitet stetig voran. Die einen sehen darin eine Chance, die Gesellschaft voranzubringen, andere fürchten um ihre Jobs. Vor allem im Bereich der Textproduktion und Kundenberatung sind Bots, deren Texte nicht mehr von denen echter Menschen unterscheidbar sind, der feuchte Traum vieler Unternehmer.

Messlatte für Programmierer ist hierbei der sogenannte Turing-Text. Bei diesem Test kommuniziert ein Mensch ohne Sicht- und Hörkontakt mit einer KI und einem menschlichen Gesprächspartner. Die KI hat den Test bestanden, wenn 30 Prozent der Testpersonen am Ende nicht mit Gewissheit sagen können, welcher der beiden Gesprächspartner der Mensch war.

Im Bereich der Musikkomposition können KIs schon Beachtliches erreichen.

 

Was wird getestet: Fortschritt der KI oder kommunikative Degeneration des Menschen

Die Software „Eugene Goostman“ hat diesen Test bereits bestanden. Diese KI gibt vor, ein 13-jähriger ukrainischer Junge zu sein. Und ein Drittel der Testpersonen konnte die Antworten des Bots nicht von denen eines echten Jungen unterscheiden. Allerdings bleibt zu hinterfragen, inwieweit das nicht mehr über die Veränderung menschlicher Kommunikation aussagt als über die Qualität der künstlichen Intelligenz.

Für einen begrenzten Zeitraum konnte man entsprechende KI selbst testen. Auf der Website der FAZ hat man zudem ein Gespräch mit Eugene Goostman veröffentlicht. Deren Artikel spiegelt meine eigene Erfahrung mit der KI wider: Kein Gesprächsfaden wird länger als drei Sätze verfolgt, dann wird ein neues Thema angeschnitten und dabei ein zuvor erwähntes Wort aufgegriffen, aber inhaltlich rein gar nicht auf das Vorangegangene eingegangen. Und wenn die KI ein Thema nicht einordnen kann, stellt sie zusammenhangslos Gegenfragen, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Dass ein Drittel der Testpersonen solch ein Kommunikationsverhalten für menschlich hielt, lässt tief blicken …

Und ja, es gibt da draußen Menschen, die tatsächlich so kommunizieren. Momentan werden allerdings die wenigsten davon Drehbuchschreiber. Doch wenn sie es würden, dann käme dabei vielleicht so etwas wie „Mr. Puzzles wants you to be less alive“ heraus.

 

Fazit zu Mr. Puzzles wants you to be less alive

Der Netflix-Horrorfilm einer KI ist ein groteskes Sammelsurium an Horrorklischees und unzusammenhängenden Dialogzeilen. Und gerade deswegen ist er so spaßig. Und wer feuchtfröhliche DVD-Abende schätzt und gern Trinkspiele spielt, kann den Pegel schnell in die Höhe treiben, indem er jedes Mal mit den anderen anstößt, sobald jemand ein Filmzitat wiedererkennt. Professionelle Drehbuchautoren und Filmmacher müssen indes nicht um ihre Jobs bangen: Bis Bots tatsächlich gute Drehbücher schreiben, dürften noch viele Jahre ins Land ziehen.




Bildnachweise

  • Titelbild, Mr. Puzzles aus dem Film Mr. Puzzles wants you to be less alive © NETFLIX
  • Megan Fox im Film „Jennifer’s Body“ © 20th Century Studios


Autor: Marius Tahira

Blogger und hauptsächlich Verantwortlicher der Website marius-tahira.de, auf der er sich den Genres Horror, Dystopie und Thriller widmet. Nach einer Verlagsausbildung und seinem Germanistikstudium war er lange Zeit im Lektorat tätig und arbeitet nun im Bereich der Suchmaschinenoptimierung.

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